Seemannsgarn und starke Stimmen: Duisburgs Shanty-Chor hält Kurs
„Ja, wer im Duisburger Hafen vor Anker geht, der fühlt sich vom Atem der Welt umweht.“ Wer denkt bei diesen Zeilen des Duisburger Hafenliedes nicht an die große weite Welt, an Seemannsgarn und ´ne Buddel voll Rum...?
„Wasser, Schiffe – und Duisburg. Was will man mehr? Das passt zusammen, das gehört zusammen. Und dazu gehört auch ein Shanty-Chor“, sagt Karl Blagi. Der 72-jährige pensionierte Polizist steht dem „Shanty Chor Duisburg-WSP NRW“ vor. Immer dienstags ab 16.30 Uhr schallen Seemannslieder durch den Gemeindesaal von St. Elisabeth an der Duissernstraße. Kräftige Männerstimmen – Tenöre und Bässe – schöpfen aus einem Repertoire von gut 100 Songs, die das wilde Leben an Küste und Kliff beschreiben.
Durchschnittsalter 76
„Wir sind 28 aktive Sänger und 45 passive Mitglieder“, zählt Blagi auf. Seit 2023 besteht der Chor in seiner heutigen Form. „Es gab mal zwei Shanty-Chöre in Duisburg – aber wegen Personalmangels haben wir uns zusammengetan.“ Und Nachwuchs finden die maritimen Musiker leider nicht wie Sand am Meer. „Unser Durchschnittsalter liegt bei 76 Jahren. Der älteste Sänger ist schon 90. Wir freuen uns über jeden Unter-70-Jährigen. Der muss dann aber erstmal in die Krabbelgruppe und das Laufen lernen“, scherzt Karl Blagi.
Dabei ist den Shantys zu wünschen, dass sie noch sehr lange den Duisburgerinnen und Duisburgern zwischen Rhein und Ruhr stimmgewaltige Ständchen bringen. „Die Nachfrage ist auf jeden Fall da“, sagt Blagi. Für dieses Jahr standen Anfang März schon 23 Auftritte im Kalender. „Wir beglücken andere Leute mit einem Gesang und einer Art von Musik, die man nicht unbedingt im Internet oder Fernsehen findet“, meint der Vereinskapitän. „Vor allem älteren Bürgerinnen und Bürgern gefällt das.“
Wenn das Schifferklavier ertönt, die Mundharmonika bläst und Chorleiter Ioannis Zedamanis am Keyboard den Takt vorgibt, gibt es bei den ergrauten Herren kein Halten mehr. „Matrosen machen müde Mädchen munter, mitunter sehr munter, ja dann, dann wackelt die Wand“, schmettert der Chor einen Gassenhauer. Zugegeben – Abenteuer auf hoher See haben die wenigsten der Duisburger Sänger erlebt. „Der eine oder andere war privat öfter segeln, aber richtige Seebären sind wir alle nicht“, gesteht Karl Blagi.
Elbsegler und Takelhemd
Das Landratten-Dasein merkt der Zuhörende aber bei aller Inbrunst der Darbietung nicht. Und wenn die gestandenen Herrschaften dann noch stilecht mit Elbsegler-Mütze, blau-weiß gestreiftem Takelhemd, rotem Halstuch und weißer Hose vor einem wippen und schunkeln, enstehen die Matrosenbilder im Kopf ganz von alleine. Da bedarf es gar nicht erst der klischeebehafteten Pfeife im Mundwinkel und des Anker-Tattoos auf dem Unterarm.
Chor und Schifffahrt hätten aber vor allem eins gemeinsam, weiß Karl Blagi. „Das ist Teamarbeit. Und dazu sind wir alle bereit. Wir brauchen keine Leute, die Stars werden wollen.“ Aufeinander aufpassen, sich aufeinander verlassen. Was im Shanty-Chor Duisburg gelebt wird, gilt auch auf den Kähnen der Welt als Vorteil. Und wer weiß, vielleicht klappt es ja trotzdem noch mit der großen Karriere. Karl Blagi hat Kontakt zum Aufnahmeteam von „WaPo Duisburg“ aufgenommen. „Wäre doch toll, wenn wir als Shanty-Chor vielleicht einen kleinen Auftritt in der Serie bekommen…“