Silber bei den Paralympics: In Duisburg ging's für Nele Moos richtig los 

Die Duisburger Leichtathletin Nele Moos feierte bei den Paralympischen Spielen in Paris 2024 einen großen Erfolg: Silber im Weitsprung. Jetzt war sie auf Heimatbesuch bei Eintracht Duisburg.

Der Sprung ins Glück: Im letzten Versuch holte Nele Moos zu ihrer eigenen Überraschung die Silbermedaielle in Paris.

„Der Duisburger Tartan ist mein Mutterboden“, sagt Nele Moos, beugt sich hinunter und streicht sanft über die rote Laufbahn im Wedauer Leichtathletikstadion. „Er ist nicht zu weich und nicht zu hart. Perfekte Bedingungen.“ Quasi der Nährboden ihres Erfolgs. Im Sommer 2024 sprang die Duisburgerin zu ihrem bislang größten sportlichen Höhepunkt: Silber im Weitsprung bei den Paralympics in Paris. 5,13 Meter im letzten Versuch - persönliche Bestleistung. „Das war einfach nur krass. Wie im Film“, erinnert sich die Spitzensportlerin.

Für Nele war die Siegerehrung ein "unfassbarer Moment".

Erste Hüpfer in Wedau

Dabei fing alles klein an: Ihre ersten Hüpfer setzte sie in die Sandgrube von Etus Wedau. Besonders eng verbunden ist sie noch Eintracht Duisburg 1848 – ihrem Jugendverein, bei dem die heute 23-Jährige mit Parasport loslegte. „Duisburg ist Heimat. Hier wohnen noch meine Familie und meine Freunde. Hier hat alles angefangen, hier zog ich zum ersten Mal Spikes an.“ Inzwischen lebt und trainiert die Ausnahmeathletin beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Mitte März schaute sie aber bei den Eintrachtlern vorbei, um mit ihrem früheren Trainingskumpel Paul Rücker eine Einheit der weiblichen Leistungsgruppe U14/U16 zu leiten.

Nicht nur gucken, auch anfassen: Nele brachte zur Traininsgeinheit ihr Silberstück mit - für die Jugendliche eine Extraportion Motivation.

Doch statt Praxis gab es eine Theorieeinheit. Nele Moos humpelte auf Krücken ins Stadionrund. „Ermüdungsbruch im linken Schienbein“, berichtet sie. „Total doof. Ich habe nach den Paralympics die Regeneration etwas schleifen lassen.“ Schon vor den Spielen in Paris plagte sie ein Ödem. Erst kurz vor dem Wettkampf wurde sie unter Zeitdruck fit, schonte sich dabei aber nicht. Nun heißt es Zwangspause bis mindestens Juni. Für die Weltmeisterschaften Ende September in Indien, wo Nele wieder im Weitsprung und im 400-Meter-Lauf antreten will, wird’s knapp. „Aber aus diesem Misserfolg werde ich lernen.“

Den Trainingsbesuch an einem Montagnachmittag in Duisburg wollte Nele aber auf keinen Fall absagen. „Ich habe dem Verein doch so viel zu verdanken. Es ist so schön zu sehen, wie viel Unterstützung ich von meinen ehemaligen Trainingspartnern bekomme. Das bedeutet mir unfassbar viel.“ Nele spendete sogar einen Teil ihrer Prämie für die Nachwuchsarbeit von Eintracht Duisburg.

Das linke Bein benötigt derzeit Schonung. Nele zog sich einen Ermüdungsbruch zu.

Medaille motiviert

Mit Moos war auch gleich ganz viel los. Die jungen Talente und alte Weggefährten umringten die Medaillengewinnerin umgehend und löcherten sie mit Fragen. Besonders groß waren die Augen, als Nele ihre Silbermedaille aus dem Rucksack zauberte. „In der Mitte ist ein echtes Stück vom Eiffelturm eingesetzt“, erklärt sie den staunenden Jugendlichen. Die 14-jährige Ella ist ganz begeistert: „Zu wissen, dass eine aus unserem Verein das geschafft hat, ist schon cool und motiviert voll.“

Neles früherer Trainingspartner Paul erinnert sich an die gemeinsamen sechs Jahre auf Duisburgs Tartanbahn: „Nele war schon immer ehrgeizig, dabei aber vor allem sehr lustig, weltoffen und unterstützend gegenüber jedem. In den letzten Jahren bei Eintracht haben wir schon gemerkt, dass sie richtig gut ist – auch im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne Einschränkung.“

Denn Nele Moos ist von Geburt an behindert. „Ich hatte einen Sauerstoffmangel. Das kann man durchaus mit einem Schlaganfall vergleichen“, sagt sie ohne Umschweife. Ihre rechte Körperhälfte ist teilweise gelähmt. Medizinischer Fachbegriff: Hemiparese. Ihren Laufstil bezeichnet Nele als „unsymmetrisch“.

Mit ihrem früheren Trainingspartner Paul Rücker ist die Sportlerin noch heute eng befreundet

Ihr persönlicher Werdegang bestimmt auch ihre Berufswahl. In Köln studiert Nele, die ihr Abi an der Gesamtschule Süd machte, Sonderpädagogik: „Menschen mit einer körperlichen Behinderung sollten sich keine Grenzen im Kopf setzen. Man muss nicht alles im Leben können, aber es lohnt sich bei Dingen, die einem Spaß machen, am Ball zu bleiben. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, Schülerinnen und Schülern, die vom Bildungssystem ein Stück weit abgeschrieben sind, eine Perspektive zu zeigen.“

Und Sport spielt in dieser Hinsicht für Nele eine zentrale Rolle. Umso dankbarer ist sie ihrer Heimatstadt Duisburg, dass Kinder und Jugendliche hier unterstützt werden, das Vereinsleben kennen zu lernen und kostengünstig Sport treiben zu können. „Das ist sehr wichtig. Und die Bedingungen in Duisburg sind einfach top."

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