Miniatur-Stadt: Für uns steht Duisburg Modell
Sie sind die Bauklötzchen-Spieler unter den städtischen Angestellten: das Modellbau-Team im Stadthaus an der Moselstraße.
Ulrich Vent, Marika Block und Jürgen Müller haben ganz Duisburg – und manchmal auch noch mehr - unter ihren Fittichen. Sie geben der Stadt den richtigen Feinschliff, bringen große Pläne in Miniaturformat auf die Holzplatte. „Knapp zusammengefasst, kann man sagen: Wir sind Duisburg! Wir machen für die Stadt alles“, betont Werkstattleiter Vent. „Ohne dass man für teuer Geld einen externen Dienstleister beauftragen muss.“
Eingespieltes Trio
Der 64-Jährige rückt seit 33 Jahren im Sinne Duisburgs dem Stadtbild mit der Formatkreissäge, dem Tellerschleifer oder der Goldschmiedebandsäge zu Leibe, gestaltet aus Lindenholz ganze Straßenzüge und feinziselierte Gebäude. „Wir sind die Handarbeiter in der Verwaltung“, sagt Ulrich Vent. Wenngleich auch das Gewerk des kreativen und eingespielten Trios sich deutlich digitalisiert hat.
„Früher mussten wir noch rausfahren, Häuser vor Ort mit der Messlatte vermessen, Fotos anfertigen oder aufwändig Dokumente und Zeichnungen aus dem Hausaktenarchiv wälzen“, berichtet der gelernte Gießereimodelltischler. „Heute haben wir Google Earth.“ Am Rechner können die Modellbauer sogar Gebäudehöhen ablesen, Topografien erkennen und diese dann in ihre Systeme übertragen. Auch der 3D-Druck hat natürlich in den Arbeitsalltag Einzug gehalten. „Aber der Drucker will auch mit Informationen gefüttert werden, sonst arbeitet er nicht“, sagt Ulrich Vent. „Der Drucker arbeitet nicht schneller als der Mensch.“
Und die Expertise des Duisburger Modellbaus ist in Zeiten sich ständig verändernder Stadtlandschaften weiterhin stark nachgefragt. Getreu dem Motto: Zeigen macht anschaulich. Sei es für Gestaltungswettbewerbe, für Bürgerinformationsveranstaltungen oder für Planvorhaben – die dreidimensionalen Ansichten aus den Händen der städtischen Modellbauer leisten allen Beteiligten hilfreiche Dienste. Einen visuellen Eindruck zu Größe, Raum und Anpassung an die vorhandene Bebauung und Örtlichkeit vermittelt halt nur ein Modell. Viele Modelle haben austauschbare Elemente, um unterschiedliche Planungsentwürfe im Baukastenprinzip einfügen zu können.
Unterirdisches Archiv
Für ein Stadtteilmodell wie das der Homberger Promenade, an dem Vent, Block und Müller derzeit in den Katakomben des Stadthauses werkeln, brauchen die Fachleute knapp 120 Stunden. Viel Arbeit, die aber nicht vergänglich ist. „Wir heben alles auf“, erzählt Vent und führt umgehend in den Keller der Werkstatt. In gut klimatisierten, verschachtelten Räumen lagert ein Großteil der Stadtentwicklungsgeschichte auf Holzuntergründen. Gut verstaut und katalogisiert in Kisten sind alle jemals entworfenen Minimodelle aufbewahrt. Das Älteste ist eines aus Plexiglas: die Kuhstraße um 1960. „Kann ja immer sein, dass irgendjemand in 20 Jahren wissen will, wie sah das eigentlich mal aus. Und dann sind wir die letzte Bastion“, meint Chefbaumeister Ulrich Vent.
Nicht jedes Modell wird Realität
Unter den Sammelobjekten sind auch so Kuriositäten wie die in den 70er-Jahren geplante Trabanten-Plattenbaustadt am Angerbogen für 20.000 Menschen. „Gut, dass das nie über den Planungsstand hinausging“, findet Vent. „Das wäre heute sicherlich ein sozialer Brennpunkt.“ Viele der Modelle sind im Maßstab 1:1000 oder 1:500, aber einige besonders aufwändige Arbeiten sind auch größer und damit detailreicher. „Mein Lieblingsstück steht im Museum für Binnenschifffahrt“, verrät Ulrich Vent. „Ein beweglicher Nachbau der Schwanentorbrücke von 1906. Wir haben damals bestimmt gut zehn Jahre lang immer wieder daran gearbeitet.“ 3,50 Meter lang, 1,60 Meter hoch und 1,50 Meter breit, Maßstab 1:25. Sogar eine Kopie der damaligen Straßenbahn haben die Modellbauer angefertigt. Aus Originalholz der Tram. Sie ziert in einer Vitrine Vents Büro.
So gut sortiert wie das Archiv der Modellbauer sind auch ihre Krabbelkisten – lauter Männeken, Autos und Bäume sind in Schubkasten gebunkert. Solche Details hauchen den Modellen erst so richtig Leben ein. Nicht minder beeindrucken die Werkzeugschränke. Fast schon museal mutet die Vielfalt der Tools an. „Dieses schöne Stück“, schwärmt Vent und holt eine Art Zange aus dem Schrank, „ist das erste Werkzeug, das die Stadt Duisburg für den Modellbau angeschafft hat“ 1958 eine sogenannte Schränkzange, um die Zähne von Sägen abwechselnd nach links und rechts zu biegen (schränken).
Noch um Urzeiten älter ist der massive Epoxidharz-Abdruck eines in Duisburg gefunden Mammutbackenzahns – nämlich 120.000 Jahre. Vents Kopie kann im Stadthistorischen Museums bestaunt werden. Die Original-Beißer liegen gut verstaut gegen klimatische Einflüsse im Museumskeller. „Das sind natürlich so Highlights, die man im Modellbauer-Berufsleben vielleicht ein-, zweimal hat“, weiß Ulrich Vent und widmet sich an der Hobelbank wieder einem „gewöhnlichen“ Wohnhaus – für den Lückenschluss an der Homberger Promenade.