Mit Aquarell und Tusche: Karl-Heinz Weiner bringt Farbe ins Goldene Buch
Vier Bergkristalle erheben sich kugelrund an jeder Ecke des dicken Ledereinbandes. In der Mitte prangt das Stadtsiegel in Silber. Das Goldene Buch der Stadt Duisburg liegt in der Regel gut verschlossen in einem Stahlschrank im Rathaus. Doch circa zwölf Mal im Jahr holt es Karl-Heinz Weiner zu sich nach Hause.
Für wenige Tage hütet Weiner die Kostbarkeit dann wie seinen Augapfel. Der Diplom-Designer zeichnet für die großartigen Illustrationen im Goldenen Buch verantwortlich. „Ich bin alter Duisburger, lebe schon immer hier. Es ist eine große Ehre für mich, dass ich in das Goldene Buch zeichnen darf“, sagt Weiner.
Knapp zwei Tage benötigt er für seine Aquarell- und Tusche-Werke. „In dieser Zeit darf nicht einmal meine Hündin Chiquita in mein Büro“, verrät der Künstler. Auch Kaffee am Arbeitsplatz ist währenddessen tabu. Zu groß ist die Sorge, dass das Buch einen Fleck abbekommen könnte. Deswegen zieht Weiner sich auch beim Zeichnen Stoffschoner über die Unterarme. „Damit ich nicht aus Versehen an einer Seite hängenbleibe. Und ehrlich gesagt, bin ich jedes Mal froh, wenn es wieder unversehrt im Rathaus ist.“
Vor 15 Jahren kam Weiner zufällig zu dem ehrenwerten Job. Mit damals 88 Jahren ging sein Vorgänger Enrique Yagüe-Bosch in den Ruhestand. Und Weiner gefiel der Stadt durch seine damaligen Zeichnungen in dem Schulbuch „Unsere Stadt Duisburg“. „Anfangs war ich sehr nervös, wenn ich was fürs Goldene Buch machen sollte“, erinnert sich der Meidericher. „Da habe ich gerne den Beginn einer Arbeit vor mich hergeschoben.“ Auch heute ist die Malerei im Goldenen Buch für den 66-Jährigen keine Routine. „Gerade wenn man mit Aquarell malt, weiß man nie genau, wie es am Ende aussieht.“
Gute Vorbereitung ist alles
Um unliebsamen Überraschungen aus dem Weg zu gehen, bereitet sich Weiner akribisch vor. Meistens bekommt er einen Zeichnungsentwurf vom Amt für Repräsentation und Internationale Beziehungen. „Wenn ich aber selbst eine Idee habe, wird das auch gerne aufgenommen“, so Weiner. Zunächst zeichnet er die Elemente wie bildliche Darstellungen und Schriften einzeln vor, scannt sie und setzt sie anschließend am Computer zusammen. Mit Hilfe eines alten Antiskops - bis in die 80er-Jahre Standardausrüstung für Grafiker - projiziert er schließlich seinen Entwurf auf die entsprechende Seite des Goldenen Buchs. „Danach kann ich mir sicher sein, dass wirklich alles passt.“
Bevor nun Farbe ins Spiel kommt, zückt Karl-Heinz Weiner den Bleistift und skizziert das Bild. Danach greift er zu Aquarellfarben und Tusche. So wie jetzt Anfang September vor dem Besuch des neuen Lord Mayor aus Portsmouth, Councillor Jason Fazackarley. Im Hintergrund schmückt der Spinnaker Tower – Wahrzeichen Portsmouth – die Seite, im Vordergrund ein typisch englischer Straßenzug.
Am meisten freut sich der Künstler, wenn die hochrangigen Gäste nach dem Eintrag ins Goldene Buch im Mercatorzimmer um ein Repro der Seite bitten. „Das ist eine schöne Anerkennung.“ Zuletzt fragte etwa der indische Botschafter, S.E. Harish Parvathaneni, danach. Weiners Qualitäten haben sich über die Jahre herumgesprochen. Inzwischen illustriert er auch das „Stahlbuch“ der Stadt Essen und das Goldene Buch der IHK in Duisburg.
Fehlt eigentlich nur noch ein eigener Eintrag im Goldenen Buch? „Nein danke“, lacht Weiner, „ich bin ja schon drin. Und es ist toll zu wissen, dass das Buch noch da ist, selbst wenn ich es nicht mehr sein sollte.“
Band 4 ist bereits gebunden
Das aktuelle Goldene Buch der Stadt ist das dritte der Stadt-Geschichte. Band 1 und 2 liegen in Vitrinen im Mercatorzimmer. Der allererste Eintrag stammt aus dem Jahr 1909 – es war ein wenig spektakulärer Termin: der Besuch der Rheinschifffahrtskommission. Band 4 ist sogar schon fertig und wartet noch im Stadtarchiv auf seinen Einsatz.
Am Sonntag, 8. September, können interessierte Besucherinnen und Besucher beim "Tag der offenen Tür" im Rathaus (13 bis 17 Uhr) das Goldene Buch im Mercatorzimmer anschauen. Auch Karl-Heinz Weiner wird dann vor Ort sein.