Rahim Darwisha und Christian Wagemann - Soziokulturelles Zentrum Stapeltor

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Rahim Darwisha engagiert sich für Flüchtlinge.

Christian Wagemann für alternative Kultur.

Kann man das so trennen? Eigentlich nicht.

Ihre Schnittmenge ist ihr Engagement für Soziokultur und ihr Traum von einem Soziokulturellen Zentrum.

Dieses könnte am Stapeltor 6, zwischen Innenhafen und Innenstadt, in den Räumen eines ehemaligen Textilgroßhandels realisiert werden. Mit vielen MitstreiterInnen arbeiten sie an der Idee „einen Raum für alternative Kultur“ zu erschließen „an dem unterschiedliche Leute ihre Ideen umsetzen oder sich einfach treffen können, ohne konsumieren zu müssen.“

Christian Wagemann und Rahim Darwisha

Als Rahim Darwisha 2016 aus Syrien nach Deutschland kam, lernte er Christian Wagemann an der Uni kennen. Zusammen beteiligten sie sich an einer Arbeitsgruppe, die sich für Flüchtlinge engagierte.

Schnell stellte sich heraus, dass eigentlich ein fester Platz für Treffen und Veranstaltungen fehlte. „Mir war es wichtig, dass sich Flüchtlinge selbst an etwas beteiligen können, dass sie sich aktiv integrieren können, in diesem Fall in kulturelle Strukturen. Mir selbst war es auch wichtig aus der Rolle des Gastes heraus zu kommen und selbst einmal Gastgeber sein zu können“, erzählt Rahim Darwisha von seinen Anfängen.

Mitten in den Renovierungsarbeiten am Stapeltor

Genau dies wäre in einem Soziokulturellen Zentrum möglich: ein Treffpunkt und Raum für Veranstaltungen, Workshops, Kurse, an denen man auch mit wenig Geld teilhaben kann. Auf dem Weg dorthin sollte der Plan zumindest temporär umgesetzt werden, die Idee war: „einen Laden anzumieten und dann einfach loszulegen“, wie Christian Wagemann rückblickend sagt. „Schlussendlich war es der Tipp der Altstadtmanager, die uns auf der Münzstraße ein ehemaliges Geschäft zeigten, das wir bis Ende 2019 pachten konnten. Daraus wurde das Projekt 47.“

Grundsätzlich gilt: Alle können mitmachen!

Das Ladenlokal wurde im Oktober 2018 bezogen und entpuppte sich alsbald als Kleinod für sehr unterschiedliche Veranstaltungen. „Das 47 sollte nicht nur für Studenten sein, sondern eben auch für Flüchtlinge. Es gibt ja nicht so viele Umsonst-Räume oder Cafés, um die Sprache zu üben oder die Möglichkeit zu haben das Zuckerfest zu feiern“, so Rahim Darwisha, „Flüchtling sein heißt nicht, dass immer etwas zum Thema Flucht gemacht werden muss.“

Erdgeschoss: Raum für Elterncafé, Konzerte, Kneipe, Kicker, Spiele- oder Diskussionsabende

Die Erfahrungen aus dem 47 sollen in das geplante Zentrum am Stapeltor miteinfließen. Auch hoffen die beiden, dass sich die Aktivitäten aus dem Ladenlokal in den neuen Räumlichkeiten umsetzen lassen und natürlich noch viele weitere Ideen hinzukommen: „Im Erdgeschoss könnten gut Elterncafé, Konzerte, Kneipe, Kicker, Spiele- oder Diskussionsabende veranstaltet werden. Im Obergeschoss kann der lange Saal nach der Erprobungsphase individuell gestaltet und aufgeteilt werden. Es ließen sich Räume für Sport, Theater oder Seminare nutzen. Das ist alles ein offener Prozess. Grundsätzlich gilt: Alle können mitmachen“, erläutert Christian Wagemann die Herangehensweise.

Auch Rahim Darwisha hat schon neue Ideen für sein Schwerpunktthema: „Es ist wichtig, dass sich geflüchtete Menschen treffen können, einfach um auch die eigene Situation zu reflektieren und um erörtern zu können, wie es weiter gehen kann. Weiter möchte ich Frauen aus Syrien ein Forum geben. Sie hätten hier die Möglichkeit ihre Rolle, die sie in Syrien hatten, zu erörtern und sich mit ihren Erlebnisse gemeinsam mit anderen Frauen auseinanderzusetzen.“

1. Etage: Platz für Verwirklichung

Die Erfahrungen aus dem Projekt 47 waren sehr hilfreich. Gerne erinnern sich die beiden an besondere Momente zurück: „Wir haben 2019 bei den Duisburger Akzenten mitgemacht. Eine Woche lang gab es jeden Tag Programm. Es kamen so viele Interessierte vorbei, das war toll. Ich habe viele Leute kennengelernt und meine Sprache deutlich verbessert“, erzählt Rahim Darwisha rückblickend. Christian Wagemann ist eine andere Veranstaltung in Erinnerung geblieben: „Es war mal wieder eine Jam Session im 47. Eigentlich hatten wir nicht groß mit jemanden gerechnet. Und plötzlich waren 50 Gäste da, auch sehr viele Nicht-Weiße. Das war klasse.“

Was wäre die Bereicherung für den Stadtteil? „Naja, wir hätten dann einen Ort, der vielleicht auch zwischen Innenhafen und City auf dem Weg zwischen den Lokalitäten ein Scharnier bilden könnte. Ein fußläufiges Netz an Ausgehmöglichkeiten, wäre doch sehr wünschenswert“, drückt es Christian Wagemann aus. Rahim Darwisha blickt auf die Flüchtlingsarbeit: „Wir hätten hier eben Räume für Menschen, die fliehen mussten. Einen Platz zu dem man hingehen kann und der Erfahrungsaustausch ermöglicht. Bisher fehlt so ein Ort.“ Wagemann ergänzt: „Es wäre etwas, an dem man kreativ sein kann und wo man lernt selbstständig zu sein, eigene Ideen zu entwickeln und man sich ausprobieren kann. Die Leute müssen lernen, dass es auch ohne Chef funktioniert.“

(Stand Januar 2020)