Direkte Demokratie

Bürgerbegehren

Was ist ein Bürgerbegehren?

Nach dem Grundgesetz und der Landesverfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (Art. 28 Abs. 1 GG und Art. 78 Abs. 1 LV NRW) gilt auch für die Gemeinden der Grundsatz der repräsentativen Demokratie. Die Bürgerschaft wird also durch den Rat und die/den Oberbürgermeister/in vertreten, die sie in den Kommunalwahlen wählt. Die Verfassung schließt aber die ergänzende Einführung unmittelbar demokratischer Elemente nicht aus. Mit der Einführung des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids hat der Gesetzgeber ein wichtiges Element "unmittelbarer oder direkter Demokratie" geschaffen. Dieses unmittelbar demokratische Element durchbricht das repräsentative System. Es dient der Verbesserung der bürgerschaftlichen Beteiligung an der kommunalen Selbstverwaltung. Die Kommunalverfassung gibt in § 26 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) den Bürgerinnen und Bürgern das Recht, in einer Vielzahl kommunaler Angelegenheiten selbst zu entscheiden. Der Beschluss der Bürgerschaft tritt an die Stelle der Entscheidung des Rates, denn der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses. Setzen sich Bürgerinnen und Bürger z.B. für den Erhalt eines Hallen- oder Freibades, einen zusätzlichen Kindergarten, eine weitere verkehrsberuhigte Zone oder für oder gegen den Neubau einer Schule ein, dann können sie diese Entscheidung selbst in die Hand nehmen. Seit der Einführung im Jahr 1994 sind Bürgerbegehren und Bürgerentscheide beispielsweise zu Erholungs-, Freizeit- und Sportangelegenheiten, Schulangelegenheiten, Verkehrsangelegenheiten, Umwelt-, insbesondere Abfallangelegenheiten oder Wohnungs-, Bau- und Grundstücksangelegenheiten durchgeführt worden. 

In kreisfreien Städten wie Duisburg kann sich ein Bürgerbegehren beziehungsweise Bürgerentscheid auch auf die Angelegenheiten einer Bezirksvertretung beziehen. In diesem Fall sind ausschließlich die Bürgerinnen und Bürger des Stadtbezirkes betroffen.

Was ist zu beachten? 

Der Rat oder die Bezirksvertretung müssen für die in dem Bürgerbegehren formulierte Angelegenheit zuständig sein.

Ein Bürgerbegehren ist gemäß § 26 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) unzulässig über 

-          die innere Organisation der Gemeindeverwaltung,

-          die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Rates, der Bezirksvertretungen und der Ausschüsse sowie der Bediensteten der Gemeinde,

-          die Haushaltssatzung, die Eröffnungsbilanz, den Jahresabschluss und den Gesamtabschluss der Gemeinde (einschließlich der Wirtschaftspläne und des Jahresabschlusses der Eigenbetriebe) sowie die kommunalen Abgaben und die privatrechtlichen Entgelte,

-          Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens oder eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutz-rechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind, 

-          die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen mit Ausnahme der Entscheidung über die Einleitung des Bauleitplanverfahrens.

Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten zwei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid durchgeführt worden ist.

Wer kann ein Bürgerbegehren vorbringen?

Alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde oder eines Stadtbezirkes können ein Bürgerbegehren initiieren. Die Bürgereigenschaft wird durch die Berechtigung zur Teilnahme an
den Kommunalwahlen definiert. Ein Bürgerbegehren kann auch durch den Rat der Stadt beschlossen werden (Ratsbürgerentscheid).

Wahlberechtigt zu den Kommunalwahlen ist gemäß § 7 Kommunalwahlgesetz NRW (KWahlG), wer am Wahltag Deutscher im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzt, das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat und mindestens seit dem 16. Tag vor der Wahl in dem Wahlgebiet seine Wohnung, bei mehreren Wohnungen seine Hauptwohnung hat oder sich sonst gewöhnlich aufhält und keine Wohnung außerhalb des Wahlgebiets hat.

Fristen und Formen

Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Rates, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntmachung des Beschlusses eingereicht sein. Gegen einen Beschluss, der nicht der Bekanntmachung bedarf, beträgt die Frist drei Monate nach dem Sitzungstag.

Bürgerbegehren sind nur gültig, wenn sie in der von der Gemeindeordnung NRW geforderten Form eingereicht werden. 

Das Bürgerbegehren muss in Textform eingereicht werden.
Der volle Wortlaut der zur Entscheidung zu bringenden Frage muss enthalten sein. Sie muss so formuliert werden, dass ausschließlich mit JA oder ausschließlich mit NEIN geantwortet werden kann.
Das Bürgerbegehren muss begründet sein. Fehlt die Begründung, wird das Begehren aus formalen Gründen scheitern.
Das Bürgerbegehren muss eine Kostenschätzung der verlangten Maßnahme enthalten. Diese wird den Vertretungsberechtigten in Textform von der Verwaltung mitgeteilt. Die Frist für die Einreichung des Bürgerbegehrens ruht in dieser Zeit (§ 26 Abs. 3 Satz 3 GO NRW).

Es müssen bis zu drei Bürger/innen genannt sein, die berechtigt sind, die Antragstellenden verantwortlich zu vertreten (sog. „Vertretungsberechtigte“). Sie sind Ansprechpartner/innen für den Rat und verpflichtet, rechtsverbindlich für alle Unterzeichner/innen Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen.


Das Bürgerbegehren muss von einer gesetzlich festgelegten Zahl von Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet sein (§ 26 Abs. 4 GO NRW).

Die Anzahl der erforderlichen Unterschriften richtet sich grundsätzlich nach der Zahl der Einwohner/innen in der Stadt bzw. im Stadtbezirk.
Bei über 500.000 Einwohnern muss das Bürgerbegehren von mindestens drei Prozent der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet sein.
Betrifft das Bürgerbegehren eine Angelegenheit einer Bezirksvertretung, so orientiert sich die Anzahl der notwendigen Unterschriften an der Zahl der Einwohner/innen im betroffenen Stadtbezirk 

Über die exakte Anzahl der jeweils notwendigen Unterschriften informiert Sie die Stabsstelle für Wahlen und Informationslogistik, In den Haesen 84, 47198 Duisburg.

Die Unterschriftenliste sollte

·         das Thema bzw. den Titel des Bürgerbegehrens sowie die dazugehörigen Paragraphen,

·         den Text der gewünschten Abstimmungsfrage,

·         eine Begründung,

·         eine Kostenschätzung,

·         die Vertretungsberechtigten,

·         Datenschutzhinweise sowie Kontaktinformationen

enthalten.

Folgende personenbezogene Daten der Unterzeichnerinnen bzw. Unterzeichner müssen abgefragt werden:

·         Vorname, Name, Straße, Hausnummer, PLZ, Ort sowie das Geburtsdatum.

Nach § 26 Abs. 4 S. 5 gilt § 25 Abs. 4 entsprechend, danach muss „der volle Wortlaut des Antrags“ enthalten sein.  § 26 Abs. 2 S.6 GO regelt zudem, dass die Kostenschätzung bei Sammlung der Unterschriften anzugeben ist.  

Weiterer Ablauf

Ist die Unterschriftensammlung abgeschlossen, so können die Vertreter/innen der Unterzeichner/innen die Unterlagen bei der Stabsstelle für Wahlen und Informationslogistik der Stadt Duisburg zur Prüfung einreichen oder übersenden. Das Datum der Übergabe ist maßgeblich für die Wahrung der Fristen.

Die Stabsstelle für Wahlen und Informationslogistik prüft die vorliegenden Unterlagen und erstattet dem Rat Bericht. Anschließend stellt der Rat fest, ob das Bürgerbegehren zulässig ist.

Ist dies der Fall, kann das betroffene Gremium (Rat oder Bezirksvertretung) sich dem Bürgerbegehren anschließen und die begehrte Maßnahme beschließen.

Schließt sich das betroffene Gremium dem Bürgerbegehren nicht an, so wird binnen drei Monaten nach dem Zulässigkeitsbeschluss ein Bürgerentscheid durchgeführt.

In diesem Zeitraum darf keine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane getroffen werden und auch nicht mit dem Vollzug einer derartigen entgegenstehenden Entscheidung begonnen werden, es sei denn, die Gemeinde war dazu rechtlich verpflichtet.

Bürgerentscheid

Wie läuft ein Bürgerentscheid ab?

Die Stabsstelle für Wahlen und Informationslogistik organisiert im Auftrag des Rates eine Abstimmung, bei der alle Abstimmungsberechtigten der Stadt beziehungsweise des betroffenen Stadtbezirks die Möglichkeit erhalten, die zur Entscheidung zu bringende Frage mit JA oder NEIN
zu beantworten.

 

Abstimmungsberechtigt sind alle, die in dem jeweiligen Gebiet zur Teilnahme an der Kommunalwahl berechtigt sind.

Kann der Tag des Bürgerentscheids mit einem regulären Wahltag verbunden werden (Kommunalwahlen, Landtagswahl, Bundestagswahl oder Europawahl), so wird die Abstimmung in den gleichen Wahlräumen durchgeführt. Die Abstimmung erfolgt vor einem Abstimmungsvorstand mit amtlich hergestellten Abstimmzetteln unter Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze.

Sofern der Tag des Bürgerentscheids nicht mit einem regulären Wahltag verbunden werden kann (insb. aufgrund der Frist zur Durchführung innerhalb von 3 Monaten) oder andere gewichtige Gründe vorliegen, wird der Bürgerentscheid ausschließlich durch Stimmabgabe per Briefabstimmung durchgeführt.

Alle Abstimmungsberechtigten erhalten eine Benachrichtigung, die unter anderem das Abstimmungsdatum sowie die Art der Abstimmung (reine Briefabstimmung) und eine Abstimmungsinformation (inhaltliche Erläuterung des Bürgerentscheids) enthält.

Die Abstimmungsunterlagen (Stimmschein, Stimmzettel, Stimmbrief, Stimmzettelumschlag etc.) können online beispielsweise durch den auf der Abstimmungsbenachrichtigung enthaltenen QR-Code oder postalisch angefordert werden.

Bürgerinnen und Bürger, die eine persönliche Abstimmung bevorzugen, haben weiterhin die Möglichkeit, ihre Stimme – wie auch bei den Wahlen – in den jeweiligen sog. „Briefwahlstellen“ persönlich abzugeben. Den Bürger/innen werden dann vor Ort die Abstimmungsunterlagen übergeben.

Was ist ein Einwohnerantrag?

Nach § 25 Gemeindeordnung NRW (GO NRW) können Einwohner, die seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnen und das 14. Lebensjahr vollendet haben, beantragen, dass der Rat über eine bestimmte Angelegenheit, für die er gesetzlich zuständig ist, berät und entscheidet.

Die Möglichkeit einen Einwohnerantrag zu stellen, setzt damit keine Wahlberechtigung bei den Kommunalwahlen voraus. Anträge können auch von Personen gestellt werden, die weder die deutsche Staatsangehörigkeit noch die eines europäischen Mitgliedstaates besitzen oder die erst das 14. Lebensjahr vollendet haben.

Ein Einwohnerantrag muss in Duisburg von mindestens 8.000 Einwohnern unterzeichnet sein. Jede Liste mit Unterzeichnungen muss neben den Unterschriften und Personalangaben (Name, Vorname, Geburtsdatum, Anschrift) auf selbiger Seite auch den vollen Wortlaut des Antrags enthalten. 

Der konkrete Antrag muss in Textform eingereicht werden und begründet sein. Es müssen bei Antragseinreichung bereits alle Unterschriften vorliegen und auch bis zu drei Personen benannt werden, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. 

Der Rat stellt unverzüglich fest, ob der Einwohnerantrag zulässig ist. Über einen zulässigen Antrag hat er binnen vier Monaten zu entscheiden.

In kreisfreien Städten wie Duisburg kann ein Einwohnerantrag in Angelegenheit der Bezirksvertretung auch an diese gerichtet werden. Dann ist antrags- und unterzeichnungsberechtigt nur wer in dem Stadtbezirk wohnt.  Für einen zulässigen Antrag müssen dann 4 % der Einwohner des Stadtbezirks unterzeichnen, höchstens aber 8.000 Einwohner.