Yvonne Bleidorn und Francesco Mannarino - Altstadtmanagement Förderprojekt „Aktive Stadt“
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Altstadtmanager – was ist das denn? Und überhaupt Altstadt in Duisburg, gibt´s die denn?
Als Yvonne Bleidorn und Francesco Mannarino 2015 ihre Arbeit im Quartier begannen, stießen sie anfangs auf Skepsis. Die BewohnerInnen verband nichts mit dem Stadtteil, die Geschäftsleute fühlten sich benachteiligt.
„Wir haben sogar überlegt, ob es sinnvoll wäre einen neuen Namen für die Altstadt zu suchen, weil es gefühlt keine Altstadt gibt. Aber das ist jetzt Schnee von gestern. Die Menschen hier identifizieren sich mittlerweile mit ihrem Stadtteil.“ Bis es soweit war, mussten die Altstadtmanager viele Herausforderungen meistern.
Bleidorn und Mannarino wurden von der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Duisburg (GFW) angestellt, um die Maßnahmen für die Duisburger Altstadt im Sinne des städtischen Integrierten Handlungskonzepts Innenstadt (IHI) umzusetzen. Auf der Beekstraße 6 haben sie ihr Quartiersbüro. Genau genommen geht es auch gar nicht um den gesamten Stadtteil in seinen Grenzen, wie er im Geoportal gezeigt wird, sondern tatsächlich um ein abgestecktes Fördergebiet, das sich zwischen Schwanenstraße, Innenhafen, Marientorstraße und Steinscher Gasse befindet.
Als Altstadtmanager haben sie vier Hauptaufgaben: Immobilien- und Leerstandsmanagement, Quartiersbelebung, Profilbildung und die Verwaltung des Verfügungsfonds. Dieser soll privates Engagement fördern.
Es geht darum, Netzwerke aufzubauen, Anlieger und Interessierte zu mobilisieren und Identifikation zu schaffen. Dafür sind die Altstadtmanager mit AnwohnerInnen, Geschäftsleuten und ImmobilienbesitzerInnen in Kontakt getreten. Sie arbeiten mit städtischen Institutionen und Töchtern zusammen, wie VHS oder Duisburg Kontor GmbH, mit sozialen Trägern, wie Diakoniewerk oder Immersatt e.V.
„Als ich begonnen und mir das Viertel angesehen habe, dachte ich schon, wow, hier muss aber was gemacht werden. Seitdem hat sich aber jede Menge getan und im Laufe dieser Zeit ist mir dieser Ort auch ans Herz gewachsen“, sagt Bleidorn rückblickend. Ihr Kollege beschreibt es so: „Die Altstadt ist mein Kiez. Hier kenne ich jedes Mauseloch. Man kennt sich untereinander und hilft einander. Es ist ein gewisser Heimatort.“
Was gefällt besonders? Yvonne Bleidorn überlegt kurz: „Man merkt, dass sich in den letzten Jahren ein ganz eigenes Viertel entwickelt hat. Es ist familiär, man trifft sich mit Nachbarn und Geschäftsleuten beispielsweise im Kiosk. Francesco Mannarino kann das nur bestätigen: „Mittlerweile kann man von einer richtigen Gemeinschaft mit einem großen Zusammenhalt sprechen. Wir müssen stets Kontakt halten, bekommen so aber auch wichtige Informationen für die Netzwerkarbeit.“ Ein wichtiger Punkt, denn wenn die Altstadtmanager 2021 „das Feld verlassen“, müssen sich die Protagonisten vor Ort selbst organisieren, um für ihr Quartier da zu sein.
Gut finden die beiden vor allem, dass es dort, im Gegensatz zur Haupteinkaufsmeile, noch viele inhabergeführte Geschäfte gibt. Und die etwas dezentrale Lage bietet die Chance verschiedene Veranstaltungen individueller umsetzen zu können. Märkte, wie der KreativWerkerMarkt oder der Wintermarkt, locken inzwischen Menschen auch über die Steinsche Gasse, der unsichtbaren Grenze, hin zur Münzstraße. Mannarino betont: „Derweil haben wir eine bunte Mischung aus Läden, sozialen Trägern, Büros und Dienstleistern. Die bauliche Entwicklung ist gut, wie an der Kasino-, Universitäts- und Unterstraße zu erkennen ist. Wir können jetzt auch Interessenten gewinnen, die bis vor geraumer Zeit nicht im Entferntesten daran dachten, in diesem Teil der Stadt ein Geschäft zu eröffnen“. Sogar zehn Geschäfte rund um das Thema Brautmoden und Heiraten sind aktuell in der Altstadt zu finden.
Der Aufgabenschwerpunkt Mannarinos ist die Immobiliensituation vor Ort zu klären. Er muss herausfinden, wer Eigentümer ist und was für die Zukunft der Häuser angedacht ist. Die Eigentümer von Zwischennutzungen zu überzeugen, ist ihm ein besonderes Anliegen. „Inzwischen konnten wir mit allen in Dialog treten. Zum Teil ist der Vertrauensvorschuss so groß, dass wir einfach den Schlüssel in die Hand gedrückt bekommen, um beispielsweise Schaufenster als Ausstellungsraum nutzen zu können.“ Dahinter steckt sehr viel Überzeugungs- und Vertrauensarbeit der beiden Altstadtmanager. Es war schwierig gerade mit den Eigentümern der großen Häuser – Peek & Cloppenburg, C&A, Uni Polster – in Kontakt zu kommen. Jetzt hat ein Supermarkt im ehemaligen Kaufhaus P&C Einzug gefunden, die oberen Etagen wird ein hochwertiges Fitnessstudio beziehen.
Die Vertrauensarbeit schildert Yvonne Bleidorn so: „Man muss erst einmal an die Leute herankommen. In den Jahren davor fühlten sich die Menschen vernachlässigt, nicht wahrgenommen. Und der Stadt wurde die Rolle des Buhmanns zugeschrieben. Nun können wir als Mittler vor Ort unterstützen.“ Und als weitere Herausforderung, die sie besonders zu Beginn ihrer Arbeit ausbremste: „Zweiter Knackpunkt, den wir unterschätzt haben, ist die rechtliche Situation. Einerseits sollten wir loslegen mit recht freier Hand, andererseits gibt es natürlich eine klare Rechtslage wie Nutzungsgenehmigungen und Brandschutzvorschriften. So haben wir schnell herausfinden müssen, dass man beispielsweise nicht einfach eine Ausstellung oder Vernissage im Leerstand veranstalten kann.“
Auf die Jahre zurückblickend schätzen die beiden an ihrer Arbeit folgendes: „Die Aufgaben im Quartier sind sehr abwechslungsreich und spannend. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen, die es zu meistern gilt“, sagt Bleidorn. „“Ja“, pflichtet Mannarino bei, „kein Tag ist wie der andere. Wir befassen uns mit sehr unterschiedlichen Themen und beleuchten diese aus unterschiedlichen Perspektiven, teilweise schon sehr bis in die Tiefe. Was auch toll ist, ist die Wertschätzung, die man zurückbekommt, wenn man einen Job gut gemacht hat.“
Und gute Jobs haben die beiden gemacht. Besonders viel positives Feedback erhalten sie für das Konzept des veganen Wintermarktes „Anis & Zauber“, der parallel zum Duisburger Weihnachtsmarkt stattfindet. Hier konnte bereits eine Verstetigung erreicht werden, denn er wird von einem Künstlerkollektiv organisiert. Erfolgreich ist auch das sommerliche Stummfilmkino. In der Autowerkstatt im City-Parkhaus werden Klassiker der Stummfilmära gezeigt und mit Live-Musik begleitet. Auch dieses Projekt konnte etabliert werden. „Es ist sehr wichtig, Impulse für die Altstadt zu setzen. Es funktioniert nicht, nur ein „Abklatsch“ von der Innenstadt zu sein. Die Leute bestätigen das auch, wenn sie sagen, dass sie durch die Märkte überhaupt wieder auf diesen Teil der Innenstadt aufmerksam geworden sind. Wir haben beim KreativWerkerMarkt im ersten Jahr mit fünf, dann mit 15 und 2019 mit 30 Ständen aufgewartet“, so Bleidorn.
Es lohnt sich aber auch so auf jeden Fall in die Altstadt zu kommen, wie Yvonne Bleidorn findet: „Es ist schon ein besonderer Stadtteil mit interessanten Läden, wie beispielsweise dem polnischen Supermarkt, dem Friseur mit Papagei oder dem tollen Naturkostladen mit Mittagstisch.“ Francesco Mannarino empfiehlt: „Man sollte einfach mal hier durchs Quartier streifen, sich in einen Kiosk setzen, einen Kaffee trinken und die Leute beobachten.“