KRAFT.RAUM, Krefeld mit Werner Sobek Design, Stuttgart
Das Leitmotiv der IGA 2027 „Wie wollen wir morgen leben?“ wird am Standort Duisburg auf zwei benachbarte Freiraumstrukturen projiziert und ortsspezifisch realisiert. Dafür werden zwei Parkanlagen als sich ergänzende, aber eigenständige Freiräume mit unterschiedlichen Adressat*innen und städtischen Bezügen beurteilt: Der beliebte RheinPark als temporärer Zukunftsgarten zeigt eine intensive und plakative Auseinandersetzung mit dem Thema in Form einer sorgsam kuratierten Ausstellung, die Besucher*innen aus dem gesamten Stadtgebiet und weit darüber hinaus zu dem Thema informiert und inspiriert selbst aktiv zu werden. Der Grüne Ring hingegen wird als zukünftiger Quartiers und Nachbarschaftspark für das Hochfeld zum Reallabor für die Fragestellung.
Erläuterungstext zum Entwurf:
Das Leitmotiv der IGA 2027 „Wie wollen wir morgen leben?“ wird am Standort Duisburg auf zwei benachbarte Freiraumstrukturen projiziert und ortsspezifisch realisiert. Dafür werden zwei Parkanlagen als sich ergänzende, aber eigenständige Freiräume mit unterschiedlichen Adressat:innen und städtischen Bezügen beurteilt: Der beliebte Rheinpark als temporärer Zukunftsgarten zeigt eine intensive und plakative Auseinandersetzung mit dem Thema in Form einer sorgsam kuratierten Ausstellung, die Besucher:innen aus dem gesamten Stadtgebiet und weit darüber hinaus zu dem Thema informiert und inspiriert selbst aktiv zu werden. Der Grüne Ring hingegen wird als zukünftiger Quartiers- und Nachbarschaftspark für das Hochfeld zum Reallabor für die Fragestellung.
Der Grüne Ring
Der Grüne Ring fungiert im gesamtstädtischen Kontext als zirkulare Fuß- und Radverbindung zwischen Innenstadt und Rhein. Die neue städtebauliche Kante entlang des Hochfeldes aktiviert die Parkfläche mit nachbarschaftlicher Atmosphäre. Die breite Promenade bündelt intensive Nutzungsbereiche durch Rad- und Fußgängerverkehr, sowie maßgeschneiderte Nutzungsangebote in unmittelbarer Nähe zur Bebauung für eine erhöhte Sicherheit durch Nachbarschaftskontrolle. Die Zäsur der Rheinhauser Straße wird durch eine begrünte Brückenkonstruktion mit Stadtbalkonen überwunden, die gleichzeitig ein identitätsstiftendes Eingangstor für den Stadtteil darstellt. Der Grüne Ring erhält entlang der Siedlungskante eine städtebauliche Ergänzung, die vorhandene Blockstrukturen schließt und das Viertel direkt an den Park bringt. Wo ehemals unansehnliche Rückseiten und kleine Stichwege den Park erschlossen, ist jetzt eine neue Adresse ablesbar. Die neue Stadtkante wird flankiert durch eine breite Promenade, die siedlungsbezogene Nutzungsflächen offeriert und auch die übergeordnete Fuß- und Radverbindung sichert. Der notwendige Anteil an befestigter Fläche wird dabei, wenn möglich mit sogenannten Climate Tiles realisiert, deren permeable Struktur das anfallende Regenwasser versickern lässt. Die rhythmisierende Baumreihe mit Klimagehölzen der Promenade bündelt die Ausstattungselemente, wie Bänke, Fahrradständer und Abfallbehälter, die sich gestalterisch an die Vorgaben des Grünen Rings halten. Für eine erfolgreiche Parkgestaltung ist unter Berücksichtigung der sozialen Struktur vor Ort, ein intensiver Co-Creation-Prozess erforderlich. Zusammen mit Bürgerinitiativen und Vereinen, wie dem Zukunftsstadtteil e.V. vor Ort wird eine enge Beteiligung der Menschen vor Ort gestartet, um die konzeptionell angelegten Flächen passgenau mit Nutzungselementen, die auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort abgestimmt sind, zu füllen. Nur so kann auf lange Sicht ein sozial nachhaltiger Freiraum mit hohem Identifikationsgrad entstehen. Die gezielte Einbindung der Bürger:innen kann sich im weiteren Verlauf deutlich positiv auf die Bereitschaft zur Pflege und Instandhaltung der Anlage auswirken. Neben Sport, Spiel und Bewegung ist auch das Thema Garten vertreten: Nicht nur zur Zeit der IGA, sondern auch darüber hinaus, werden Flächen für ein gemeinschaftliche, interkulturelle Gartenprojekte vorgesehen. Besonders dort kann die Vielfalt der Herkunft der verschiedenen Beteiligten in einer positiven Weise diskutiert und erkundet werden. Der Everybody`s Garden bringt die Kulturen zusammen und bietet gleichzeitig denen, die finanziell benachteiligt sind einen kleinen Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung und untersucht die Frage: „Wie wollen wir uns morgen ernähren?“ Der westliche Bereich des Grünen Rings bleibt im Kontrast zu den intensiven Eingriffen entlang der Siedlungskante überwiegend im Bestand: Die Erdmodellierungen zu Lärmschutzzwecken werden situativ bearbeitet und ergänzt. Am Fuß der Böschung, begleitet durch eine abgestimmte Bepflanzung kann das Regenwasser sauber versickert werden. Der dichte Baumbestand wird behutsam ausgelichtet, um sowohl den Sicherheitsaspekt, als auch großzügige Wiesen- und Rasenflächen für zahlreiche Aneignungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Der Lärmschutzwall wird durch pflegeextensive Bepflanzungskonzepte mit einem Fokus auf Artenvielfalt und Habitatschutz und den Bestandsweg aus wassergebundener Wegedecke für Naturentdecker:innen inszeniert. Weiter südlich wird der Grüne Ring zur Bildungslandschaft deklariert. Für die Kinder der beiden Schulstandorte und der Nachbarschaft stehen in einem bunten Aktionsband entlang der Promenade zahlreiche Angebote für spielerisches Lernen, Entdecken und Bewegung bereit. Abseits davon werden die modellierten Hügel als Waldspielplätze ausgebildet, die naturnahe Spielerfahrungen fördern. Hier sind auch Standorte des Naturerlebnispfades lokalisiert, die sich mit ruderaler Bepflanzung und nachhaltigem Wassermanagement in Städten spielerisch beschäftigen.
Darüber hinaus sind auch die Tiere in der Stadt mit Bienen- und Insektenwiese, sowie Nistplätzen für Vögel und Fledermäuse bedacht. Zusätzlich dazu gibt es einen offenen Lerngarten, der den Schüler:innen als Lernort bereit steht. Dort kann auch die Initiative „Duisburg summt“ einen Platz mit Bienenvölkern finden, um das Bewusstsein in der Bevölkerung zu vergrößern. Auch überdachte Grill- und Picknickplätze werden zur Verfügung gestellt, um den Anwohner:innen ohne eigene Gartenflächen einen Platz zum Treffen und gemeinsam Essen zu gewähren. Die intensiven Nutzungsbereiche werden immer flankiert von einer ergänzenden Bebauung, die Baulücken schließt. Die erhöhte Einsehbarkeit und Kontrolle soll die Sicherheit erhöhen und Vandalismus eindämmen. An einigen Stellen werden Baulücken mit einer Graffiti- Wand geschlossen, wo sich Kinder und Jugendliche kreativ ausleben können. So ergibt sich für den Park eine stetig wandelnde Kulisse. Die ergänzende Bebauung entlang der Wörthstraße hat das Ziel das Hochfeld mit dem Rheinort stärker zu verknüpfen und die Trennwirkung des Straßenraums einzudämmen. Die kinderfokussierten Freiraumangebote dieses Abschnitts des Grünen Rings soll weiter dabei helfen eine Begegnung der unterschiedlichen sozialen Schichten auf Basis der Jüngeren zu fördern.
Der Bonifatiusplatz
Der Bonifatiusplatz ist als Knotenpunkt für Mobilität sowohl ein wichtiger Trittstein im Freiraumsystem Grüner Ring, als auch der Übergang vom Hochfeld zum Rheinort und schließlich zum Rhein. Vor allem zur Zeit der IGA wird er für die zahlreichen Besucher:innen grundlegender Ankunftsort am Haupteingang werden. Der dynamische Stadtraum widmet sich deshalb der Frage „Wie wollen wir morgen mobil sein?“ und demonstriert anschaulich alternative Mobilitätskonzepte der Slow Mobility Bewegung: Die Fahrrad- und Fußwege werden klar strukturiert und großzügig dimensioniert, um die Dominanz des Autoverkehrs zu mildern. Zur Zeit der IGA entsteht auf den beiden nördlichen Fahrspuren der Wörthstraße eine durch farbige Straßenmarkierungen und schützende Hochbeete gerahmte freie Bewegungs- und Begegnungsfläche für Fußgänger:innen, Radfahrer:innen und andere Mobilitätsalternativen, die maßgeblich die Potentiale von vielfältigen Verkehrsräumen veranschaulicht und dabei den Haltepunkt der Regionalbahn sicher an die Ein- und Ausgänge der IGA anschließt. Die vorhandene Station des ÖPNV wird aktiver Teil des Platzes und die begrünte Dachkonstruktion mit Photovoltaikanlage erschließt ein Fahrradparkhaus, bietet Platz für eine Fahrradwerkstatt, Ladeplätze für E-Mobility und einen kleinen Kiosk für Wartende. Der Bonifatiusplatz nimmt sich dem Thema Vernetzung und Transport offensiv an und wird dadurch zum pulsierenden Verkehrspunkt für das Quartier und zeigt darüber hinaus zukunftsweisende Ansätze. Neben den anspruchsvollen funktionalen Anforderungen, bieten die Platzränder jenseits der Insellage durch Verkehrsadern, attraktive Aufenthaltsplätze: Die Bonifatiuskirche wird durch einen freien Blick akzentuiert und erhält im Norden durch Ergänzung der Bestandsgehölze ein lockeres Baumdach, welches die neu geordneten Parkflächen und eine kommunikative Platzfläche für die umgebenden Gebäude überspannt. Das Science Center als Teil des Rheinorts erhält einen einladenden Vorplatz, der Auftakt für die blaugrüne Achse zum Rhein ist. Die ergänzende Wohnbebauung an südlichen Rand des Hochfelds schafft mit einer aktiven Erdgeschosszone ein attraktives Entreé für die lebendige Wanheimer Straße mit den vielfältigen gastronomischen Angeboten. Als Vermittler zwischen Stadt- und Parkraum erhält der Grüne Ring eine Platzfläche mit Wassergebundener Decke. Das lockere Baumdach, bequemes Mobiliar und kleine Spielinterventionen lockt Menschen allen Alters. Der Ausblick in den Park über die große Wasserfläche für Retention und die sanften Hügel lädt zum Verweilen ein. So wird der Platz zur zentralen Kommunikationsplattform zwischen Hochfeld und Rheinort.
IGA: Wie wollen wir morgen leben?
Grundlage für den Zukunftsgarten Duisburg ist der bereits gut angenommene Rheinpark mit seiner charakteristischen Geländemodellierung und den industriellen Relikten, die heute Kulisse für lebendige Spielorte sind. Die vorhandenen Strukturen werden für die IGA in einen neuen Kontext gesetzt. Der Haupteingang am Bonifatiusplatz wird mit dem neuen Science Center markiert. Die repräsentative Eingangsachse mit großen Blütenflächen thematisiert gleichzeitig mit Retentionsflächen und entsprechenden Staudenpflanzungen auch das Thema Wassermanagement im neuen Quartier Rheinort. Am Ende der Achse befindet sich, als Eingangstor zum Park, die große Blumenhalle. An dieser Stelle starten zwei Themenwege der IGA: Die vorhandene Wegestruktur nutzend führt der Blütenweg die Besucher:innen zu allen Highlights der Gartenschau und erschließt so das gesamte Gelände auf dem Bodenniveau. Die Wege mit den markanten Böschungen werden zu eindrucksvollen Blumencanyons und die Themengärten reihen sich entlang der nördlichen Promenade. Wer diesen Weg beschreitet, den erwarten die traditionellen Ausstellunginhalte einer Gartenschau mit Gastronomischen Angeboten und Spielflächen, eine tolle Aussicht auf den Rhein und als neue Highlights der Wasserturm als Aussichtsplattform und der Kultushafen mit Veranstaltungen. Auf der zweiten Ebene des Parks, oben auf den Rasenschollen, wird der Weitblick geschärft. Hier steht gemäß der Leitidee „Wie wollen wir morgen leben?“ das Thema Nachhaltigkeit und Innovation im Fokus. Im Rahmen von Experimentierfeldern und Freiraumlaboren, Workshops und Vorträgen werden Urban Farming, Permakultur, Pflanzenverwendung im Zeichen des Klimawandels und nachhaltiges Wassermanagement thematisiert. Vor allem letzteres wird intensiv in Zusammenhang mit der Rheinlage und der benachbarten Kläranlage, aber auch mit Wassersammelnden Strukturen und Wasserkreisläufen in der Nahrungsmittelproduktion (Aquaponik) diskutiert. Auf dieser Ebene finden sich zahlreiche Standorte des Naturerlebnispfades, der wie vielleicht auch andere Maßnahmen zur Verbesserung der Artenvielfalt für Flora und Fauna, auch nach der IGA Fortbestand hat.
Wasserturm
Perspektive wechseln: 360 °Grad Aussicht + 360 °Grad Kulturraum
Die gesamte bestehende Stahlstruktur wird vor Ort saniert und ertüchtigt. Es werden die 1969 demontierten Segmente neu hergestellt und der sanierten Struktur hinzugefügt, womit die originale Höhe bei Errichtung im Jahr 1949 von 44 m wiederhergestellt wird. Der ehemalige Tank wird vor Ort ebenfalls komplett saniert und mit einem neuen Boden und drei Oberlichtern versehen. Die den Tank umfassende Plattform wird erneuert, erweitert und für Besucher zugänglich gemacht. Die vorhandene Treppenanlage wird durch zwei leichte Treppenkonstruktion ersetzt. Hierdurch wird ein Zugang sowie davon separater Abgang für die Besucher hergestellt. Alle bestehenden Elemente werden unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft und falls möglich wiedereingesetzt.
Durch die neuen Nutzungen der Aussichtsplattform und des Kulturraumes bietet sich dem Relikt aus dem Industriezeitalter eine völlig neue Perspektive, das die Identität des Ortes durch die zurückgewonnene Höhe stärkt und neue Sichtverbindungen erzeugt, sowohl für die Eventphase während der IGA 2027 sowie auch darüber hinaus für den entstehenden Rheinpark und die umgebenden Quartiere. Dieser Mehrwert ist bewusst mit Spielraum zur Weiterentwicklung und Wachstum konzipiert. Der neu entstandene Kulturraum, welcher unabhängig von der Aussichtsplattform schaltbar und bespielbar ist, wird als besonderer Ort in das Konzept der IGA 2027 eingebunden und schafft im Nachgang Mehrwert für den Rheinpark sowie die Quartiere in der Nachbarschaft. Die Struktur kann zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Förderanlage für eine barrierefreie Nutzung nachgerüstet werden.
Der Kultushafen
Der Kultushafen besetzt das Bindeglied zwischen Rheinpark und industrieller Hafenwelt. Die geschützte Lage vom Frachtverkehr erlaubt es, die Menschen näher an das Wasser zu bringen. Zukünftig werden die Kultuslogen mit Rheinkulisse das kulturelle Potential vor Ort maßgeblich prägen. Flächen für Ausstellungen und Konzerte, sowie eine gastronomische Bewirtung beleben den Ort und können ihn als neuen Szenetreff etablieren. Die bauliche Struktur wird als minimalinvasive Stegkonstruktion mit Aufenthaltsplateaus ausgebildet, die sich gestalterisch in das postindustrielle Bild integriert und dabei den Lebensraum der Eidechsen und anderen Tieren bewahrt.
Nach Aufgabe der südlich angrenzenden Industrieflächen, kann die Struktur erweitert werden, um eine Brücke zwischen Rheinpark und Hafenwelt zu schaffen. Der Schutz durch die Landzunge ermöglicht den Park bis ans Wasser zu ziehen und dieses für Wassersport zu aktivieren. Die industriellen Hallen werden durch Zukunftsquartiere zum Wohnen und Arbeiten ersetzt und kleinere Strukturen werden in Anlehnung an den Umgang im Rheinpark mit Freizeitnutzungen angereichert. Wenngleich die Offenheit und der freie Blick zum Rhein entlang der Promenade beibehalten werden, werden auch Rückzugs- und Ausgleichsorte für die Natur vor Ort geschaffen.