Rechtsmittel
Widerspruch gegen einen Beihilfenbescheid (Frist und Form)
Ist ein Beihilfeberechtigter der Auffassung, dass seine Beihilfe von der Beihilfestelle zu niedrig festgesetzt worden ist, so kann er entsprechend den Vorschriften des Abschnitts 8 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat, nachdem der Beihilfebescheid bekanntgegeben worden ist, Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz oder zur Niederschrift bei der Beihilfenstelle zu erheben.
Der Widerspruch ist grundsätzlich an keine Form gebunden. Erforderlich sind aber immer eine Originalunterschrift und eine Begründung. Eine E-Mail genügt wegen der darin fehlenden Originalunterschrift nicht. Sofern für die Begründung mehr Zeit erforderlich ist, sollte der Widerspruch vorab zur Fristwahrung eingereicht und darauf hingewiesen werden, dass die Begründung baldmöglichst nachgereicht wird.
Verjährung
Eine Beihilfe wird nur gewährt, wenn sie innerhalb von 24 Monaten nach Entstehen der Aufwendungen, spätestens jedoch 24 Monate nach der ersten Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Zu verspätet geltend gemachten Aufwendungen darf eine Beihilfe nur gewährt werden, wenn das Versäumnis entschuldbar ist.
Schwellenwertüberschreitungen bei GOZ und GOÄ
Nach § 77 des Landesbeamtengesetz (LBG NRW) i. V. m. § 3 Abs. 1 und 2 BVO NRW sind die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang u.a. in Krankheitsfällen beihilfefähig. Die Beihilfefestsetzungsstellen entscheiden über die Notwendigkeit und Angemessenheit von Aufwendungen.
Die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen richtet sich nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). In der Regel werden die in den jeweiligen Rechnungen aufgeführten Beträge als angemessen angesehen, sofern diese im Einzelfall nicht überhöht erscheinen.
Gemäß § 5 Abs. 1 GOÄ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr für persönliche Leistungen des Arztes nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des im Gebührenverzeichnis angegebenen Gebührensatzes. Auszugehen ist hierbei jedoch gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ davon, dass eine Gebühr grundsätzlich nur zwischen dem 1,0fachen und dem 2,3fachen des Gebührensatzes bemessen werden darf. Ein Überschreiten dieses sogenannten Schwellenwertes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ genannten Bemessungskriterien - Schwierigkeit und Zeitaufwand der einzelnen Leistungen sowie die Umstände bei der Ausführung - dies rechtfertigen. Aus der Begründung zur Überschreitung des Schwellenwertes muss also ersichtlich sein, dass diese Leistung aufgrund der tatsächlichen Umstände vom Typischen und Durchschnittlichen erheblich abweicht.
Mit der Regelspanne vom 1,0fachen bis zum 2,3fachen des Gebührensatzes steht dem Arzt ein weiter Spielraum für den Ausgleich unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade und unterschiedlichen Zeitaufwandes zur Verfügung. Für eine Leistung mittlerer Schwierigkeit und durchschnittlicher Zeitdauer ist in der Regel von einem Steigerungssatz in der Mitte dieses Gebührenrahmens auszugehen. Die regelmäßig einzuhaltende Spanne zwischen dem einfachen Gebührensatz und dem Schwellenwert ist vom Verordnungsgeber mithin nicht nur für einfache oder durchschnittlich schwierige und aufwändige Behandlungsfälle, sondern für die große Mehrzahl aller Behandlungsfälle zur Verfügung gestellt und deckt in diesem Rahmen auch die Mehrzahl der schwierigen und aufwändigen Behandlungsfälle ab. Dies bedeutet, dass eine - auch schwierige und zeitaufwändige - ärztliche Verrichtung nur innerhalb der Regelspanne abgerechnet werden darf, solange diese Tätigkeit von den Leistungen des Gebührenverzeichnisses umfassend beschrieben wird. Eine in diesem Sinne schwierige Leistung darf demnach höchstens mit dem obersten Wert der Regelspanne berechnet werden. Auch soweit es üblich geworden sein und hingenommen werden sollte, dass Ärzte/Zahnärzte überwiegend ohne Rücksicht auf den Einzelfall jeweils den Schwellenwert ansetzen, ändert dies nichts an der Rechtsgrundlage; insbesondere nichts daran, dass auch die Mehrzahl schwieriger und aufwändiger Behandlungsfälle im Rahmen der Regelspanne abzugelten ist.
Die Annahme von Besonderheiten der Bemessungskriterien im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 4 GOÄ demgegenüber steht nicht im Ermessen des Arztes, sondern ist rechtlich voll nachprüfbar. Sie hat nach dem Zusammenhang den Charakter einer Ausnahme und setzt voraus, dass Besonderheiten gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle aufgetreten sind. Ein Abweichen von der Regelspanne ist somit im Ergebnis nur möglich, wenn über die von der Leistungsbeschreibung im Gebührenverzeichnis umfassten Aspekte besondere Umstände hinzutreten, welche die Leistungserbringung im Einzelfall besonders prägen, so dass diese in dem speziellen Fall von der Leistungsbeschreibung im Gebührenverzeichnis jeweils nicht oder nur unzureichend erfasst wäre.
Zu beachten ist dabei auch, dass ein Überschreiten der Schwellenwerte aus beihilferechtlicher Sicht nur bei patientenbezogenen Bemessungskriterien, d. h. Gründe, die in der Person des Patienten liegen, gerechtfertig ist. Besonderheiten in der Person des behandelnden Arztes scheiden als Gründe grundsätzlich aus. Der Einsatz eines besonders teueren Behandlungsgerätes oder die Anwendung einer besonders kostenintensiven oder zeitaufwändigen Verfahrenstechnik durch den Arzt rechtfertigt ebenfalls keine Überschreitung des Schwellenwertes. Ein Ansatz bis zum 3,5-fachen Gebührensatz ist nur in den Fällen möglich, die in der ärztlichen Praxis außergewöhnliche Anforderungen darstellen. Dies kann sich nur daraus ergeben, dass die Verhältnisse des konkret zu beurteilenden Falles mit den Verhältnissen der vom Gebührentatbestand erfassten (gewöhnlichen) Fälle verglichen werden (können).
Diese Auslegung entspricht höchstrichterlicher verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und wird durch unterinstanzliche Entscheidungen fortwährend bestätigt (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 17.12.2002 - 26 K 184/02).
Analogziffern
Gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ können selbständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Dabei darf es sich jedoch nicht um eine besondere Ausführung (Modalität) einer im Gebührenverzeichnis enthaltenen Leistung handeln. Generell wird davon ausgegangen, dass aufgrund dieser Regelung Analogbewertungen nur dann zulässig sind, wenn im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt nach Inkrafttreten der GOÄ neue Verfahren entwickelt werden.
Gebühren nach GOÄ/GOZ
Laut Hinweis 5 im Runderlass vom 19.08.1998 ergibt sich aus § 6 Abs. 1 GOZ kein "Wahlrecht" des Zahnarztes, seine Leistungen entweder nach der GOZ oder nach der GOÄ zu berechnen. Er darf aus den beiden Gebührenordnungen nur diejenige Gebühr berechnen, die in ihrer Leistungsbeschreibung der erbrachten Leistung entspricht. Falls für die erbrachte Leistung sowohl eine Gebühr in der GOZ als auch in der GOÄ enthalten ist, muss der Zahnarzt die Leistungen nach der GOZ berechnen, weil sich gem. § 1 GOZ die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Zahnärzte nach der GOZ bestimmen und nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Mai 1992-IV ZR 213/91 (NJW 1992, S. 2360) grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gebührenverzeichnis zur GOZ die vergütungsauslösenden zahnärztlichen Leistungen vollständig beschreibt.
Ziffer 34 GOÄ (Beratungsgebühr Ziffer 34 GOÄ)
Nach Nr. 5.3 des Runderlasses des Finanzministeriums NRW vom 10.12.1997 ist die Gebühr nach Ziffer 34 GOÄ nur dann berechenbar, wenn die in der Leistungsbeschreibung genannten besonderen Kriterien vorliegen: "Nachhaltig lebensbedrohende und lebensverändernde Erkrankung".
Als lebensbedrohende Erkrankungen können alle bösartigen Erkrankungen (z.B. Karzinom, Leukämie) sowie die schweren systemischen Erkrankungen (z.B. Morbus Hodgkin, Aids), sowie Erkrankungen verstanden werden, in denen Risikofaktoren festgestellt werden, die mit einer deutlichen Lebensverkürzung einhergehen (z.B. HIV-Infektion, schwere arterielle Hypertonie oder schwere Hypercholesterinämie, Tumorerkrankungen, bevorstehende Operationen wie z.B. Nierentransplantation, Herzklappenoperation).
Als nachhaltig lebensverändernde Erkrankungen sind z.B. Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Diabetes mellitus oder Asthma bronchiale zu verstehen. Eine nachhaltig lebensverändernde Erkrankung muss dabei von ihren Auswirkungen her dermaßen einschneidend sein, dass sie mit den Folgen einer lebensbedrohenden Erkrankung vergleichbar erscheint (vgl. Urteil des VG Düsseldorf vom 02.06.1998).
Ziffer 85 GOÄ sowie Austausch in Ziffer 808 GOÄ (Einleitung einer Psychotherapie)
Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine ambulante psychotherapeutische Behandlung richtet sich nach der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 BVO. Nach den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften (hier: 9.3 bis 9.4) ist die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen einer psychotherapeutischen Behandlung nach Maßgabe einer vom Beihilfeberechtigten vorzulegenden, auf Grund eines ärztlichen Gutachtens erteilten Leistungszusage der Krankenversicherung des zu Behandelnden, oder wenn von der Krankenversicherung ein Gutachterverfahren nicht vorgesehen ist, nach Maßgabe der Stellungnahme eines von der Festsetzungsstelle beauftragten Gutachters festzustellen.
Bevor der Gutachter jedoch beteiligt wird - gleich ob es sich um die erstmalige Anerkennung der Therapie handelt oder um die Verlängerung der Behandlung oder Folgebehandlungen - muss der behandelnde Therapeut ersucht werden, damit dieser einen Bericht für den Gutachter erstellt.
Bei diesem Bericht handelt es sich jedoch nicht, wie in der Leistungslegende der Nummer 85 GOÄ beschrieben, um eine schriftliche gutachterliche Äußerung- diese erfolgt durch den Gutachter selbst und wird von der Beihilfe getragen- sondern vielmehr um einen Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht im Rahmen des Gutachterverfahrens. Diese Leistung ist jedoch mit der Gebührenziffer 808 GOÄ abgedeckt die die "Einleitung oder Verlängerung der tiefenpsychologisch fundierten oder der analytischen Psychotherapie - einschließlich Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht im Rahmen des Gutachterverfahrens, gegebenenfalls einschließlich Besprechung mit dem nichtärztlichen Psychotherapeuten" umfasst.
Da das Gebührenverzeichnis der GOÄ somit für die erbrachte Leistung eine Gebührenposition enthält, kann der Rückgriff auf die Gebührenziffer 85 GOÄ beihilferechtlich nicht berücksichtigt werden.
Ziffer 612A GOÄ (Videodokumentation von Muttermalen)
Die Nr. 612 GOÄ (analog) für die computergestützte Videountersuchung von Muttermalen ist zwar berechnungsfähig, geht jedoch im Regelfall über das Maß einer medizinisch notwendigen Versorgung hinaus (Urteil des VG Minden vom 29.05.2002 - 4 K 3388/00). Eine Beihilfengewährung hierzu ist daher gemäß § 3 Abs. 1 BVO nur im Ausnahmefall möglich (Hautkrebs in der Familie, bereits ausgebrochener Hautkrebs). Anstelle der Nr. 612a GOÄ konnte die Nr. 750 GOÄ abgerechnet werden, sofern diese nicht bereits in Rechnung gestellt wurde. Im Falle einer möglichen nachträglichen Anerkennung der Nr. 612a GOÄ ist die evt. in Rechnung gestellte Nr. 750 GOÄ nicht berechnungsfähig.